Das erste Buch des italienischen Zeichners Inti Guaschino macht sich so langsam auf den Weg. In Zusammenarbeit mit dem Grafiker und Layouter Hans-Georg Schneider entsteht die ungewöhnliche Geschichte einiger Insekten und Tiere, die einen Tag im Zoo verbringen wollen. Im Frühling 2020 sind dann alle Bilder zwischen zwei kräftigen Buchdeckeln versammelt und das muntere Abenteuer kann für Leser und Betrachter von 4 bis 94 Jahren lebendig werden. Na dann . . .
Ich meine, Theaterspiel ist etwas Ernsthaftes. Wer sich darauf einlässt, auch in der Schule, von dem ist etwas zu fordern. Weit und breit nur Widerstände, im Theaterspiel das Spiel, vielleicht auch Last. Oder ein Erwachen im hellen Sonnenlicht der Bühne. Wir springen quer über die große Spielwiese und finden Raum zum Atmen. An diesem Ort haben wir für Angst, Wut, Entdeckerherzen, Liebe zu den Worten, die Spieler allesamt, einen Platz. Hier können juvenile Kulturverbraucher aktiv werden und gemeinsam Gestaltern sein. Hier können sich junge Menschen zeigen oder verbergen, bewegen, beteiligen, überhaupt da sein. Und manchmal sich auch verändern. In der Probe ist es gut, nur zum Spielen aufgelegt zu sein. Theaterspielen lockt das kommunikative Aktivitätspotential aller dazu Bereiten und oft genug findet sich wirkliche Lebensfreude darin. Letztlich ist es mir recht egal, ob Theater Spaß macht.
Wichtiger ist es, erfolgreich zu sein. Nicht erfolgreich mit dem Arbeitsergebnis, der Vorstellung, nein, die kommt erst sehr viel später ins Gespräch. Erfolgreich ist eine geglückte Theaterarbeit, wenn die Beteiligten einander auf adäquate Weise gerecht werden. Vor allem aber ist man dann erfolgreich, wenn man in der Schule angesagt ist. Ist Schultheater angesagt, ist es wichtig. Es ist dann ganz einfach cool.
Aus „Wild gespielt – Spielpraxis eines Schultheaters“ – Bemerkungen zu einer institutionellen Theaterarbeit an einem hessischen Gymnasium.
Der Fall: Ikarus, Neuerscheinung im Verlag Siebzehn, Abbildung der Seiten 22 und 23 des Textbuchs, Layout und Grafik: Hans-Georg Schneider, Wiesbaden
Der altehrwürdige Ikarus-Mythos wird im Oktober 2019 in einer Neuerscheinung des Verlags Siebzehn als Theaterstück für das Schultheater veröffentlicht werden. Autor Heinrich Waegner ist es gelungen, das Stück in einer für jugendliche Darsteller sehr angemessenen Sprache und klaren Handlungsabläufen zu verfassen. Die Szenen sind bestens spielbar, Raum zur individuellen Bearbeitung bleibt. Waegner erzählt seine Geschichte in 16 Bildern: Vorspiel und Thema, Dädalus und Ikarus, Gefangene des Labyrinths, Theseus und Ariadne, Schreie des Minotaurus, Ariadne und Pasiphaë, Gedanken an Flucht, die Wächter, Vorbereitungen zur Flucht, Minotaurus und das Mädchen, die Flucht wird teurer, Flötentöne, Minotaurus stirbt, Flugversuche, die Fliehenden werden vom König entdeckt, über Wolken gestreckt, unten in kühlen Wassern, am Strand. Zur ästhetischen Qualität des auch optisch sehr gelungenen Buches tragen übersichtliches Layout und die vielen Illustrationen des Wiesbadener Grafikers Hans – Georg Schneider bei.
Die Figur des Ikarus wurde oft Gegenstand künstlerischer und wissenschaftlicher Werke, sei es nun in der Malerei oder der Literatur. Thema zumeist, das übermütige menschliche Verhalten, Neid, Rücksichtslosigkeit und Strafe. Nachdem Dädalus und Ikarus die Insel Samos, nahe den Stränden der Türkei, in befreiendem Flug passiert hatten, wollte sich Ikarus der mahnenden Unterweisung seines Vaters nicht mehr erinnern. „Ich ermahne Dich, dass Du in mittlerer Höhe fliegst, damit nicht das Wasser des Meeres Deine Federn beschwert, und steige auch nicht so weit hinauf, dass die Hitze der Sonne sie verbrennt, wenn Du zu hoch fliegen wirst. Fliege zwischen beiden! Ein Aufruf zur Besonnenheit, der nicht beachtet wurde.
Heinrich Waegner, „Der Fall: Ikarus“; Bunte Reihe Schultheater, Verlag Siebzehn. Erscheint im Oktober 2019
Spielszene aus „Bock auf Schule. Echt?“ Schultheatertage 2018; Wiesbaden. Foto: Sabine Mittermeier, Berlin.
Wenn Schultheater Schule darstellt und Schülerinnen und Schüler im Theater sich gespielte Unterrichtsstunden ansehen, dann müssen die Spielenden ganz genau aufpassen. In Ulrich Poessneckers kurzweiligem Stück, welches in direkter Zusammenarbeit mit einer Wiesbadener Theaterspielgruppe der schulischen Jahrgangsstufen 9 und 10 entstand, geht es um Lehrer, Schüler und Unterricht. Und all die Dinge, die junge Menschen bewegen. Aber Brentanos romantischer Schulmeister Klopfstock mit seinen Söhnen Griesgraus, Piffpaff und Pinkepinke war kein Vorbild für „Bock auf Schule. Echt?“ Bestimmt nicht . . .
Einar & Bert, die besondere Theaterbuchhandlung in Berlin, hat die Bücher unseres Verlags in das Verkaufssortiment aufgenommen. Der etwas ungewöhnlich klingende Name ist eine Referenz an die großen Theaterkünstler Einar Schleef und Bertolt Brecht. Die wohl „erste Theaterbuchhandlung Deutschlands“ betreibt zudem auch Außenstellen in der Berliner Schaubühne, im Haus der Berliner Festspiele und im Thalia Theater Hamburg. In den Regalen der wunderschönen Buchhandlung findet nun der interessierte Leser Opern-, Tanz- und Theatermagazine, Fachliteratur zu allen Themen des Theaters, unzählige Theaterstück, dabei heute auch unsere, viele Fotobände zur Schauspielerei, Schauspielerbiografien, etc. Zum entspannten Verweilen lädt dann auch das Einar & Bert Café ein (siehe Foto). Geleitet wird die Berliner Buchhandlung von der Buchhändlerin Juliane Felsmann. Empfehlung!
Staunen und tanzen. Spielszene aus „Ich glaub, mich tritt ein Meerschwein“. Regie: Ulrich Poessnecker . Foto: Sophie Sedo, Schultheater, Wiesbaden 2017
„Bei Sonne geht der Regenwurm baden die Luft ist grüngetupft, der Himmel blaugestreift Brennesselstauden blühn, Ameisen wimmeln ein wenig Wasser kann nicht schaden an Brust und Herz und Nieren, Waden. So aalt er sich im nassen Naß die Glieder seines Leibes: blanke Ringe der Tag ist schön, das Baden sehr gesund.“
Diese Zeilen hatte Barbie gerade gelesen, als es ihr völlig klar wurde: sie musste ans Meer, dorthin wo die Sonne und der Wind herkommen. Wo sich der Meeresgrund langweilt und wo die Wellen endlos tanzen. Davon schreibt die Berliner Autorin Ursula Krechel in ihrem Theaterstück „Ich glaub, mich tritt ein Meerschwein“. Jetzt konnte man die unmögliche Geschichte auf einer Wiesbadener Bühne sehen. Gespielt von den Gruppen des Darstellenden Spiels der Diltheyschule. Und wie es schon Frau Krechel klar und deutlich bereits an anderer Stelle schrieb: „Bei Licht besehen, sind die Dinge hell. Der Mond ist weiß, die Sonne manchmal heiß.“ Da hat sie recht. Ganz besonders in diesen Tagen, wo endlich auch der Sommer zu uns kommt.
Sich mögen und freuen. Spielszene aus „Ich glaub, mich tritt ein Meerschwein“. Spielleitung: Ulrich Poessnecker, Foto: Sophie Sedo, Schultheater in Wiesbaden 2017
Auftritt der Fantasie in der Premiere von „Florentines Weg zur besseren Hälfte“. Staatstheater Wiesbaden. Foto: S. Sedo 2017
Die DSP – Theatergruppe der Diltheyschule „zauberte“ das Stück „Florentines Weg zur besseren Hälfte“ auf die Schauspielbühne des Staatstheaters Wiesbaden. Die Zuschauer im bestens besuchten Kleinen Haus waren von der überaus lebendigen Vorstellung nachhaltig mitgerissen, verzückt und beeindruckt. Also schrieb aktuell die Festivalzeitung der Wiesbadener Schultheatertage 2017: „Alle Darsteller begeistern das Publikum mit ihrer ausdrucksstarken Mimik und Gestik. Beeindruckend ist die schauspielerische Leistung.“ Das Stück sei eine wunderbare „Inszenierung mit besonderer Note.“ „Tosender Schlussapplaus“. Die jungen Schauspieler bedankten sich bei ihrem Publikum und können ihr Glück kaum fassen. Ein wenig forscher titelt der Wiesbadener Kurier ganz in der Diktion des Stücks: „Reflektiert und ohne „Schädlwäh“ – Diltheyschüler geben auf der Bühne zwei Stunden Vollgas.“ Gerne zitieren wir den abschließenden Absatz der Kritik: „Die zwei Q1-Kurse, zusammen 33 Schüler des Darstellenden Spiels der Diltheyschule, geben mit ihrer Interpretation von „Florentines Weg zur besseren Hälfte“ fast zwei Stunden Vollgas – und erkunden auf diese Weise zum ersten Mal süddeutsches Gelände. Davon zeigt sich auch Ulrich Poessnecker als künstlerischer Leiter der Gruppe begeistert. Die Schüler seien im Kurs entwickelt und auf der Bühne über sich hinaus gewachsen.“ So macht Schule sicherlich Vergnügen.
Szene aus „Das Rhinozeros-Projekt“. Regie: Ulrich Poessnecker, Dina Kollbach im gestreiften Pullover. Foto: Christian Dekant.
Beim Theater darf man hinschauen
Das Theaterpublikum kann selbst entscheiden, wohin es während einer Vorstellung sieht. Auf die Hauptdarstellerin oder auf die Seitenwände, zur Decke oder mitten ins Bühnengeschehen hinein. Meist folgen die Blicke dem Bewegten, den Bewegungen der Spieler.
Wir kennen das Bewegte aus unserer trivialen Alltagsrealität. Beschleunigung, Eile, Schnelligkeit, Tempowechsel, Verzögerung, Langsamkeit, Rhythmus, Tempo und Takt. Stehen, Gehen, Laufen, Rennen, Springen, Schreiten, Stolpern, Fallen, Greifen, Deuten, Zeigen, Gestikulieren. Drehen, Wenden, Hüpfen und Tanzen. Hüpfen aber eher selten. Tanzen und Blickkontakte. Vorübergehen und dann plötzlich ein besonderer Blickkontakt. Hinträumen und finden. Heraus finden. Täglich, wie auf all den Bühnen, fließen Bilder vorüber. Augen fallen zu, sind weit geöffnet. Über die Bühne wehen Ideen. Dahinter der Rahmen eines Fensters.
Im Theaterspiel muss man den Rollen Leben einhauchen, kann Figuren im Spiel entwickeln. Der Zuschauer darf voller Zuneigung hinschauen. Im Theater ist es eben anders als vor dem heimischen Fernsehschirm.
Für junge Leser! Für engagierte Spielgruppen! Das Seitenlayout ist übersichtlich, gut strukturiert und enthält angemessene Leerflächen. Alles besitzt genügend Raum und entfaltet sich entspannt. Die gewählten Illustrationen und weiteren grafischen Mittel sind den Texten angepasst und unterstützen die Arbeit des Erspielen ganz im Sinne der jungen oder jung gebliebenen Leserschaft.
Die Hefte 1 und 2 liegen vor. Der zweite Textband erscheint mit satten 140 Seiten, vielen Illustrationen und im Hardcover. Heft 3 folgt, gleichfalls umfangreich bebildert, mit Illustrationen des Grafikers Hans-Georg Schneider. BUNTE STÜCKE, die neue Theater-Text-Reihe, die sich wahrnehmungsfreundlich, spielfertig und frisch präsentiert.
Heft 1 Ursula Krechel – Ich glaub, mich tritt ein Meerschwein EUR 8,50 (lieferbar)
Heft 2 Jean Giraudoux – Undine liebt EUR 14,80 (lieferbar)
Heft 3 Heinrich Waegner – Der Fall: Ikarus (in Kürze lieferbar)